1. Wieso deckt Wenzel den Irrtum nicht früher auf? Es handelte sich ja offensichtlich Anfangs um ein Missverständnis
Jede kleine Geste und Verhaltensweise von Wenzel wird von den Bewohnern von Goldach als Zeichen für seine Nobelkeit ausgelegt. Durch seinen feinen Mantel und seine gepflegte Frisur wirkt er von Anfang an wie ein wichtiger, reicher Mann. Anfangs im Wirtshaus möchte er sich aus dem Staub machen, da er sein Essen nicht bezahlen kann. Jedoch wird er unterwegs von einem Hausangestellten aufgehalten, der denkt er suche das Badezimmer und so geht er später wieder zurück zum Tisch und trinkt den ihm aufgezwungen Champagner. Inzwischen hatte der Kutscher aus Jux einem Angehörigen des Wirtshauses erzählt, dass Wenzel ein polnischer Graf sei. Nun war der Irrtum nicht mehr aufzuhalten, es sprach sich herum, dass ein Graf aus Polen zu Gast sei und so kommen feine Herren, unter ihnen auch Melcher Böhni, um ihn kennen zu lernen. So nimmt alles seinen Lauf, und ohne das Wenzel es geplant hätte, rutscht er in die Rolle des reichen, geheimnisvollen Grafens. An seinem neuen Leben findet er grossen Gefallen, vor allem als er die schöne Nettchen kennenlernt. Er verwickelt sich immer mehr in seinem Netz aus Lügen, dass er fast nicht mehr daraus austereten kann. Immer mehr nimmt er die Identät des geheimnisvollen, plonischen Grafens an. Wenzel behält zwar immer ein schlechtes Gewissen, beruhigt sich aber mit dem Vorsatz, den Betrug eines Tages aus der Ferne aufzudecken, nachdem er sich aus dem Staub gemacht hätte. Derweil steigt seine Beliebtheit immer weiter und er bekommt Geld von einem Bankier zugeschickt. Es fällt ihm sehr schwer sich von diesem Lebensstil zu lösen, allerdings steht er bei einer Wanderung an einem Scheideweg, wo der die Wahl hat, entweder wieder nach Goldach zurückzukehren oder das Weite zu suchen und mit dem zugeschickten Geld seine Schulden zu begleichen. Fast wäre er gegangen, doch im letzten Augenblick entscheidet er sich in Goldach zu bleiben, als ihm Nettchen über den Weg fährt. Er hatte sich in sie verliebt und ausserdem war er schon viel zu tief in seine Lügegeschichte hineingeraten.
2. Wieso behielt Wenzel seinen wertvollen Radmantel, obwohl er bettelarm war?
Wenzel ist ein sehr eitler Mann. Die Eigenschaft, stehts ordendlich auszusehen oder zumindest so zu scheinen, hat er schon als Kind von seiner Mutter mitbekommen. Diese war vor ihrer Hochzeit oft auf Reisen in grossen Städten gewesen, daher hatte sie einen feineren und schickeren Stil entwickelt als die Bürger von ihrem Dorf. Wenzel und seine Mutter verarmen nach dem Tod seines Vaters, doch den Traum nach einem wohlhabenden, feinen Leben gibt sie nie auf. Sie arbeitet sehr hart, um sich immerhin bessere Kleidung und somit auch eine bessere Haltung zu bewahren. Dies hat Wenzel sicher geprägt. Er übernimmt diese Haltung und trotz bitterer Armut möchte er sich immerhin diesen Luxus bewahren, da es ihm, so wie zuvor seiner Mutter, wichtig war.
3. Wieso bleibt Wenzel bei seiner Mutter? Wieso geht er nicht mit der Gutsherrin mit, die ihm ein besseres Leben verspricht?
Zuerst möchte Wenzel das verlockende Angebot der Gutsherrin annehmen. Für ihn wäre es das herrlichste gewesen mit ihr mitzugehen, ein feines Leben zu führen und sich selbst zu verwirklichen. Seine Mutter aber fleht ihn an bei ihr zu bleiben, mit ihr arm zu sein. Sie sei krank und hätte nicht mehr viel Zeit zum Leben. Aus ihm würde sicher noch etwas Gutes werden, auch wenn sie schon verstorben sei. Der Gutsherrin sagt sie, sie lasse sich nicht ihr Kind rauben, wer ihr Kind kenne, könne nicht mehr von ihm lassen. So bleibt Wenzel schweren Herzens bei seiner Mutter, auch als die Tochter der Gutsherrin ihn unter Tränen bittet mitzukommen. Seine Mutter entschuldigt sich sehr oft bei ihm, dass er ihretwegen kein reiches Leben führen kann. Um sich zu ernähren macht er eine Schneiderlehre. Ich glaube seine Mutter ist eine sehr wichtige Person für ihn, vor allem da sie nach dem Tod seines Vaters die einzige seiner Familie ist, die noch übrig bleibt. Wenzel hat keine Geschwister. Als er vom Militärdienst bei den Husaren nach Seldwyla zurückkehrt, ist sie tot und so ist er in die Welt hinausgezogen und in Goldach gelandet.
4. Was bewegt Nettchen dazu, mit Wenzel zusammen zu bleiben? Wie überzeugt er sie von sich?
Nachdem Nettchen Wenzel im Wald vor dem Erfrierungstod rettete, gehen sie zu einer Bäuerin um sich aufzuwärmen und zu reden. Dort erzählt Wenzel ihr seine ganze Geschichte. Er erzählt über seine Kindheit, seine Mutter und die Gutsherrin mit deren Tochter. Er redet von seiner bitteren Armut und, dass er für seine Mutter die Chance auf Selbstverwirklichung aufgegeben hat, als die Gutsherrin ihm angeboten hatte mit ihr mitzukommen. Er beteuert Nettchen seine Liebe und auf die Frage, ob er schon viele Geliebte hatte, antwortet er, dass er bisher nur Liebe für die Tochter der Gutsherrin empfunden hatte. Er sagt, er hätte Nettchen heiraten wollen, wenige schöne Tage mit ihr verbringen und dann aus Schuldgefühlen sterben. Wenzel sagt ihr, dass er zuvor nie etwas Unrechtes getan hätte, und nur ihretwegen in Goldach geblieben wäre. So überzeugt er sie, dass er eigentlich ein guter Mensch ist und sie wirklich von ganzem Herzen liebt. Nettchen entschiedet sich ihn zu heiraten und mit ihm nach Seldwyla zu ziehen. Später ziehen sie allerdings wieder nach Goldach zurück und führen ein Leben als angesehen, reiche Bürger mit ihren Kindern.
5. Ist Wenzel trotz seines Betruges ein "guter" Mensch?
In der Passage, als der soeben entlarvte Wenzel von seiner Verlobungsfeier in den Wald flüchtet, überkommt ihn eine riesige Scham über seine Tat und er fängt bitterlich an zu weinen. Er fragt sich, wie er so weit hat kommen lassen können. Noch nie davor hatte er (laut eigener Aussage) etwas Unrechtes getan. Allerdings hat er schon davor immer ein schlechtes Gewissen und redet sich ein, er würde weggehen und alle seine Schulden aus der Ferne begleichen. Man hat das Gefühl, dass er seinen Aufenthalt in Goldach nie vollständig geniessen kann, da er stehts mit einem schlechten Gewissen kämpft und mit der Angst aufzufliegen. Auch Nettchenswillens wegen schafft er es nicht, Goldach zu verlassen. Später erzählt er Nettchen, dass er hatte sterben wollen, nach seiner Hochzeit mit ihr. So sehr hatte er sich gequält. Das zeigt, dass er doch ein Gewissen hat. Was ihn von wahren Bösewichten unterscheidet ist, dass er seine Tat ernsthaft bereut und er hatte seinen Betrug nicht geplant. Er ist anfangs unabsichtlich in die ganze Geschichte hineingerutscht, hat es dann zwar genossen und hat sich in Nettchen verliebt. Schlussendlich ist er unteranderem aus Liebe zu Nettchen in Goldach geblieben und hat es nicht über sich gebracht, seinen Betrug aufzulösen. Allerdings wird Wenzel am Ende genau so wie die anderen angesehen Herren aus Goldach, er wird zu einem reichen Geschäftsmann. Es scheint als hätte er aus der Geschichte nicht viel gelernt, und renne immer noch dem Ansehen, Statussymbolen und einem guten "Schein" hinterher, obwohl er schlussendlich warhaftig zu Reichtum kommt.